Wohnungsbau Agnes-Hundoegger-Weg – Hannover

Mit dem Wohnungsbau Agnes Hundoegger-Weg wurde auf dem ehemaligen Grundstück der Gärtnerei Stange ein heterogener Stadtblock, südlich des Stadtzentrums Hannovers nachverdichtet. Der Block liegt zwischen Südstadt, Gilde Brauerei, Friedhof Engesohde und Maschsee und besteht aus dem Schulareal der Freien Waldorf Schule, ein- und zweigeschossigen Einfamilienhäusern sowie Geschosswohnungsbauten der siebziger und neunziger Jahren und den verbliebenen Gebäuden der Gärtnerei.

Das neue, Gebäudeensemble formuliert ein raumbildendes Gewicht, das die disperse Umgebung dieser inneren Peripherie zusammenbindet. Vier kubische Baukörper sind spielerisch im Raum zwischen dem heterogenen Gebäudebestand der Umgebung platziert und möglich nah aneinander gerückt, so dass drei von ihnen teilweise miteinander verschmelzen und einer etwas abgerückt steht.

Durch die vier kompakten Baukörper können trotz hoher städtebaulicher Dichte und begrenzter Grundstücksfläche spannungsvolle und gut nutzbare Freiräume mit unterschiedlichen Qualitäten formuliert werden: ein Eingangsplatz als Entree, drei sich öffnende Gartenhöfe, ein Spielplatz sowie eine fußläufige Durchwegung zwischen Agnes-Hundoegger-Weg und Erich-Wegner-Weg über den Eingangsplatz. Diese Räume lassen die Sonne tief ins Innere der Gebäude eindringen und schaffen vielfältige Durch- und Ausblicke.

Die vier Baukörper bilden Hausgemeinschaften mit dreizehn bis achtzehn Wohneinheiten bei insgesamt 63 Wohnungen auf vier Etagen, die allesamt den Standard KfW Effizienzhaus 55 erfüllen. Neben zwölf Eigentumswohnungen im separat platzierten südlichen Baukörper bietet der dreiteilige Baukörper Mietwohnungen – 40% öffentlich gefördert und 60% für mittlere Einkommensschichten. Die Wohnungsgrößen reichen von Eineinhalb- bis Vier-Zimmer-Wohnungen zwischen 45 und 115 Quadratmetern. Ein Baukörper wird vollständig von einer inklusiven Wohngruppe bewohnt.

Die Baukörper haben eine großzügige, zentral angeordnete innere Erschließung. Um die Erschließungskerne ist eine Zone mit den Nebenräumen der Wohnungen sowie Installations- und Aufzugsschächten angeordnet. Die Zone zwischen diesem dienenden Ring und der Fassade wird freitragend überspannt, dadurch sind flexible d.h. schaltbare Wohnungsgrundrisse möglich. In den Überschneidungen der Baukörper liegen große 4-Zimmerwohnungen mit besonderen räumlichen Qualitäten, wobei der Wohnraum als eine Art „Brückenraum“,zu zwei Gartenhöfen ausgerichtet ist.
Sämtliche Außenöffnungen sind als raumhohe Fenstertüren ausgeführt, die sich zu den Balkonen, Terrassen oder Austritten öffnen, so dass jede Wohnung über großzügige Freibereiche verfügt. An die Eingänge schließen sich überdachte Außenräume an. Eine offene Halle und eine vom Gelände angehobene Kolonnade, die drei Aufgänge miteinander verbindet, sind Treffpunkte und Begegnungsorte für die Bewohner. Im Untergeschoss verbindet eine Tiefgarage mit Autostellplätzen und Abstellboxen für Radfahrer alle Baukörper und Aufgänge miteinander.

In der Materialität fügt sich das Gebäudeensemble in die durch Ziegel geprägte Umgebung ein, formuliert jedoch durch die klare kubische Form seine Eigenständigkeit. Die Baukörper bekundet ihre Verwandtschaft untereinander und besitzen gleichzeitig eine gewisse Neutralität. Die Fassadengestaltung unterscheidet dabei bewusst nicht zwischen Eigentumswohnungen und sozial-gefördertem Wohnungsbau. Die Fassaden aus Vormauerziegel sind aus ähnlichen Elementen komponiert, ohne dass es zwei identische Aufrisse gibt. Ein stabiler Rahmen, als flexibles Raumgerüst gedacht, mit darin verschieblich wirkenden Paneelen, vermittelt im Gegensatz zur Schwere der Materialität des Ziegels eine gewisse Leichtigkeit. Das gesamte Ensemble hört kurz vor dem Boden auf, so dass es beinah zu schweben und lediglich an das mit dem Boden festverbundene Eingangsplateau angedockt zu sein scheint. Die Verfugung der Vormauerziegel im Ziegelrot stärkt den monolithischen Ausdruck der Baukörper und bringt die Texturierung der Fassaden mit eingerückten Feldern und herausgerückte Kopfsteinen durch die mit dem Licht der Sonne wandernden Schattenspiele zur Geltung.

 

Auszeichnungen:
Deutscher Architekturpreis 2021
Staatspreis für Architektur Niedersachsen 2020
BDA Preis Niedersachsen 2023
Heinze ArchitekturAWARD 2022 (Sonderpreis Design)
Deutscher Ziegelpreis 2021 (Anerkennung)
DAM Preis für Architektur 2021 (nominiert)
Städtebaulich-hochbaulicher Wettbewerb Alte Döhrener Straße in Hannover (2014): 1. Preis

 

Baubeginn ist Dezember 2016 erfolgt. Fertigstellung 2019.

Bauherr: Theo Gerlach Wohnungsbau-Unternehmen GmbH & Co. KG, Hannover
Grundstücksfläche: 5.333 m²
Geschossfläche: 6.080 m²   

Realisierung
Team: Andreas Quednau, Sabine Müller, Daniel Gross, Desislav Drenski, Lisa Thrainer, Lorenzo Ciccu, Aryn Machell,
in Zusammenarbeit mit lad+ (Landschaft), Furche Geiger Zimmermann (Tragwerk).

Wettbewerb
Team: Andreas Quednau, Sabine Müller, Niccolò Cozzi, Silke Heydasch, Jorge Valiente Oriol, Adrian Calitz (Visualisierung).

 

weitere Informationen:
BauNetz

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23/09/2019