Wohnbebauung Daumstraße – Berlin

Die großmaßstäbliche Wohnbebauung reagiert auf den weiten Landschaftsraum des Spandauer Sees und bezieht sich im Maßstab auf die industriell geprägten Bebauungsstrukturen und die großen Blöcke der letzten Jahrzehnten rund um den Spandauer See.

Ausgehend von den zwei sehr unterschiedlichen östlichen und westlichen Rändern des erweiterten Bearbeitungsgebiets wird das zu entwickelnde Quartier durch die vorgeschlagene Bebauung in drei charakteristische Stadträume zoniert: dem Straßenraum entlang Daumstraße, der Uferzone am Spandauer See und einer quartiersinternen Zwischenzone. Die städtebauliche Struktur reagiert hochbaulich auf die Lage zwischen der zukünftig potentiell Lärmbelasteten Daumstraße und der attraktiven Lage am Spandauer See mit einer schallschützenden Riegelbebauung entlang der Daumstraße einerseits und einer Mäanderartigen Bebauung entlang des Spandauer Sees andererseits. Stadträumlich wird durch die Bebauung eine interne Quartierspromenade mit fünf Hofquartieren als quartierinterne Zwischenzone formuliert, die sich zwischen der denkmalgeschützten Produktionshalle und dem denkmalgeschützten Ensemble mit Wasserturm und Kesselhaus aufspannt. Die Riegelbebauung entlang der Daumstraße schützt die Hofquartiere vor dem Verkehrslärm und trägt zur Bildung des Mischgebietscharakters bei. Sie bildet Köpfe aus, womit sie den Straßenraum rhythmisiert und Platzräume und Durchwegungsmöglichkeiten markiert, die die Durchlässigkeit des neuen Gebiets für die angrenzenden Quartiere zum Ufer garantieren.

Die mäanderförmige Bebauung am Spandauer See formuliert die Verzahnung des städtischen Raums mit dem Landschaftsraum und gliedert die Wasserseite mit dem Wohnen zugeordneten Uferparktaschen und die Stadtseite das Quartiers in kleinere Hofquartiere. Ein Punkthaus im Zentrum der Riegelbebauung bildet das übergreifende Bindeglied zwischen dem geplanten Grünzug des Gebiets „Salzhof Ost“, über einem öffentlichen Spielplatz zur Uferpromenade am Spandauer See. Hier weitet sich die mäanderförmige Bebauung und bildet ein großes „Uferfoyer“ aus.
Im Bearbeitungsgebiet wird durch die mäanderförmige Bebauung u.a. eine große Uferparktasche formuliert, die räumlich und visuell die Pionierinsel in die Wohnumwelt der neuen Bebauung einbezieht.

 

Nutzungsmischung
In den Erdgeschosszonen des Mischgebiets werden in Ladenflächen für wohngebietsbezogene Dienstleistungen oder Einrichtungen, die der sozialen Versorgung dienen, angeboten, in den darüber gelegenen Geschossen der Kopfbauten befinden sich Flächen für Bürooder Praxisnutzungen (z.B. Gesundheitszentrum).

 

Erschließung, Mobilität, ruhender Verkehr
Das Gebiet ist über die Daum- und die Pohleseestraße erschlossen und über die Daumstraße an das übergeordnete Verkehrsnetz Spandaus angebunden. Für die Erschließung der Wohngebiete wird mit der Quartierspromenade ein internes Erschließungssystem vorgeschlagen, das an wenigen Punkten an den die Daumstraße anbindet.

Die verkehrsberuhigte Quartierspromenade gewährleistet eine gute Orientierung und Adressbildung für die neue Bebauung. Auf der Promenade werden Rad- und Fußgängerverkehr priorisiert und Anlieferung, Entsorgung und Rettung ermöglicht. PKW Durchgangsverkehr ist nicht möglich.

Der Stellplatzschlüssel soll durch die Förderung des Radverkehrs durch eine ausreichende Anzahl an witterungsgeschützten Fahrradstellplätzen im Erdgeschoss sowie durch Carsharing-Stellplätzen auf der Promenade reduziert werden. Stellplätze sind in ausreichendem Maße größtenteils in Tiefgaragen vorgesehen, um die Freiräume des Baugebiets in möglichst geringen Maß mit Stellplatzanlagen zu besetzen. Stellplätze für Besucher sind im öffentlichen Straßenraum vorgesehen, barrierefreie Stellplätze auf der Promenade.

Der Spandauer Uferweg stellt Verbindung für den Rad- und Fußgängerverkehr in Richtung Spandauer Altstadt her und ist durch die permeable Bebauungsstruktur auch von den angrenzenden Quartieren gut zu erreichen.

 

Freiräume
Die durch den B-Plan vorgegeben öffentlichen Freiräume werden im städtebaulichen Konzept weiter qualifiziert. In der Mitte des erweiterten Bearbeitungsgebiets wird die geplante Grünachse des Entwicklungsgebiets „Salzhof“ durch eine Wegeverbindung von der Daumstraße zur Uferpromenade verlängert, an der eine öffentliche Spielfläche angeordnet ist.

Die Mäanderstruktur schafft eine Wechselbeziehung zwischen der weiten Seelandschaft und räumlich gefassten Höfen. Beiden Räume bieten sich für gemeinschaftliche Aktivitäten der Bewohner an.

Im Sinne ökologischer und Stadtklimatischer Aspekte weisen die Freiflächen einen geringen Versiegelungsgrad auf und tragen mit Mulden auf der Wasserseite und gefassten Retentionsbeeten als Gestaltungselemente auf der Promenade und in den Höfen maßgeblich zur Regenwasserrückhaltung und -versickerung bei. Durch lockere Baumpflanzungen auf der Wasserseite und Baumpakete auf der Promenade wird ein ausgewogenes Verhältnis von besonnten und verschatteten Flächen geschaffen.
Die Freiräume formulieren eine Abfolge von öffentlichen, gemeinschaftlichen und privaten Flächen, die eine vielfältige Nutzbarkeit mit hohem Nutzwert ermöglichen. Dabei wird zwischen wohnungsbezogenen und gemeinschaftlichen Freiflächen klar unterschieden und diese durch Niveauunterschiede und Pflanzungen markiert. So entstehen private Zonen in direkter Anbindung an die Wohnungen mit einer entsprechenden Intimität in Form von Gärten, Terrassen, Balkonen und Loggien.
Die Gemeinschaftsflächen sind auf die Bedürfnisse aller Altersgruppen ausgerichtet. Sie bestehen zum einen aus Kommunikation und Interaktion fördernden eher städtischen offenen Höfen mit teilweise harten Belägen und punktuellen Pflanzungen sowie aus großen zum Wasser orientierten Grünflächen – den Uferparktaschen, die Spielmöglichkeiten für Kinder aufnehmen.

 

 

Internationales städtebauliches und architektonisches Gutachterverfahren (2016): 3. Rang

Auslober: Deutsche Wohnen Construction and Facilities GmbH
Grundstücksfläche: 21.842 m²
Geschossfläche: 41.649 m²   

Team: Andreas Quednau, Sabine Müller, Irene Frassoldati,  Lorenzo Ciccu, Maximilian Birli, Bruno Pinto da Cruz mit POLA Landschaftsarchitekten, Architecture2brain (Visualisierung)

Architektur, Projekte, Stadt, Wettbewerbe
16/12/2016